Bundeschampionate 2020: Erste Finalisten stehen fest
Erfolgreicher Tag für Neulinge, alte Hasen und TitelverteidigerDatum: 28.08.2020 | Uta Helkenberg
An Tag zwei der etwas anderen Bundeschampionate in Warendorf stehen die ersten Finalisten fest. Auf dem Vielseitigkeitsplatz nutzten die fünf- und sechsjährigen Pferde die Chance, sich über das Kleine Finale noch einen Platz fürs Finale zu sichern und auch die Vielseitigkeitsponys ermittelten in ihrem ersten Auftritt bereits die Finalisten, ebenso wie die sechsjährigen Springponys. Und auch bei den fünf- und siebenjährigen Pferden steht nach dem heutigen Freitag fest, wer am Wochenende um die Schärpen kämpfen darf.
Siebenjährige Springpferde: BCH-Debütant Sven Sieger gewinnt mit Cheyenne die zweite Qualifikation
Nomen est Omen: Bei den siebenjährigen Springpferden, die auch am zweiten Tag der Bundeschampionate den Auftakt machten, drehte Sven Sieger aus Ebenweiler mit der Holsteiner Stute Cheyenne (v. Clarimo – Quite Capitol) die schnellste Runde. „Für mich ist es das erste Bundeschampionat, wir kommen aus Oberschwaben. Der erste Tag verlief gestern eigentlich schon ganz gut, allerdings hatte ich mit der Stute an Sprung Nummer eins einen Flüchtigkeitsfehler. Sie sprang aber schon sehr gut dafür, dass es erst das vierte S-Springen war“, sagte Sieger. Neben Cheyenne hat er noch zwei weitere Pferde am Start, die sich ebenfalls im Besitz der Familie Holeksa befinden. Gezogen wurde sie von Max Dethlefs aus Wrohm. „Cheyenne haben wir im letzten Jahr gekauft, da lief sie so bis M* sehr gut. Wir konnten sie zehn Tage zum Probieren mitnehmen und sie hat es mir gleich angetan. Ein bisschen maulig und blütig ist sie, damit kann ich aber sehr gut umgehen, ich nenne sie immer meinen ‚kleinen Flummi‘“, sagte Sieger. Zur Vorbereitung auf seine Premiere in Warendorf habe er sich auf Videos angeschaut, wie die Parcours aufgebaut waren. „Dass das ein hartes Pflaster wird, war ganz klar. Wir haben seit vier Wochen alle drei Pferde ganz intensiv auf dieses Event vorbereitet und sind auch gar nicht viele Turniere geritten“, berichtete er.
Auf dem zweiten Platz der in Memoriam Dietrich Schulze ausgetragenen zweiten Qualifikation auf S*-Niveau landete Harm Lahde aus Heeslingen mit dem Holsteiner Oak Groves Commander Bond (v. Comme il faut – Lux) aus der Zucht des Gestüts Eichenhain und dem Besitz von Patrick Rubeiz. Auf Platz drei landete Henrik Griese aus Lemgo mit dem Zento-Nachkommen Zinordanos, der von Jörg Brinkmann aus Steinhagen aus einer Lordanus-Mutter gezogen wurde. Besitzer ist Björn Waldbach. Da sich theoretisch 40 Paare für das Finale am Samstag (Beginn 17.15 Uhr) empfehlen könnten, sind alle 25 Teilnehmer startberechtigt. Die Ehrenpreise des heutigen Tages kamen von der Ludger Beerbaum Stables GmbH.
Fünfjährige Springpferde: Erste Plätze für BCH-Routinier Dowe mit Coros und Eiken Sato mit Damaskus in der zweiten Qualifikation
Während Sven Sieger in Warendorf seine Premiere feiert, konnte sich bei den fünfjährigen Springpferden mit Henrik Dowe aus Heiden ein Bundeschampionats-Routinier durchsetzen. Seit elf Jahren ist der heute 30-Jährige regelmäßiger Gast in Warendorf und konnte seither geschätzte 70 bis 80 Pferde für den Start qualifizieren. Mit dem westfälischen Hengst Coros v. Cornet Obolensky – Arpeggio aus der Zucht von Werner Buschsieweke aus Rietberg erzielte er heute im Fundis Preis die höchste Wertnote von 9,4 und führt damit auch das Ranking nach beiden Qualifikationsprüfungen an. Am ersten Tag erhielten die beiden eine 9,2. „Coros ist traumhaft drauf hier, er ist einfach genial. Er macht immer mehr Spaß“, sagte Dowe. „Ich hoffe, dass wir die Form bis Sonntag halten können. Ich hab selten ein fünfjähriges Pferd erlebt, dass so ausbalanciert und rittig ist, so abgeklärt, locker, vermögend. Das ist die absolute Ausnahme. Seine Besitzer, Ursula und Joachim Rosendahl, haben vollstes Vertrauen in uns und ich bin sehr, sehr glücklich und dankbar, dass sie mir den Hengst zur Verfügung gestellt haben“, sagte Dowe. Sein Dank gilt allerdings auch dem Veranstalter: „Wir können alle froh sein, dass Sie diese Bundeschampionate so aufziehen hier. Alles ist toll hergerichtet, mehr kann man nicht erwarten. Die Atmosphäre fehlt ein bisschen, trotzdem ist es immer wieder toll auf diesen Plätzen zu reiten. Meinen größten Respekt an Markus Scharmann und sein Team für die Organisation.“
Der Sieg in der zweiten Abteilung ging wie schon am Vortag an den Hannoveraner Damaskus (v. Diacontinus - Alexis Z), der vom Japaner Sato Eiken vorgestellt wurde. Der Schimmelhengst von Dr. Jörg Bramstedt aus Bremerhaven aus dem Besitz von Jessica Freye liegt mit den Wertnoten 9,3 und 9,2 auch im Gesamtranking an zweiter Stelle. Den dritten Platz nimmt der Sieger der ersten Prüfung, Cashmere (v. Cristallo – Contender) aus der Zucht und im Besitz des Gestüts Neuenhof der Familie Schürner ein, der mit einer 8,9 für seine heutige Vorstellung unter Marco Kutscher nicht ganz an die 9,4 des Vortages anknüpfen konnte.
Springponys: Zwei Vorjahressieger in der Qualifikation vorne
Während die fünfjährigen Springponys im Preis der Paul Schockemöhle-Stiftung heute nur ihre Einlaufprüfung bestritten, ging es für ihre sechsjährigen Kollegen bereits um die Finalqualifikation. Mit Mescal von Machno Carwyn – Mangold (Züchter: Angelika Jahr, Besitzer: Lillyhof Wacken) und Johanna Beckmann aus Brunsbüttel konnten die Vorjahreschampions erneut überzeugen. „Mescal ist unheimlich ehrgeizig und super vorsichtig, er hat bisher nur einen einzigen Fehler auf dem Turnier in seinem Leben gemacht. Er hat viel Qualität am Sprung, aber vor allem auch zwischen den Springen ist er super rittig, wodurch das Reiten super viel Spaß macht“, sagte Beckmann.
In der Einlaufprüfung am Vortag noch Zweite, siegten Mescal in der Finalqualifikation mit der Wertnote 8,7 vor Namib W WE, dem Geländeponychampion 2019 mit 8,5. Der Rappe wurde im Parcours von Maja Weinkopf aus Helmstedt vorgestellt, noch wenige zuvor hatte ihre Schwester Hannah Weinkopf ihn auch für das Geländefinale qualifizieren können (siehe unten). Den dritten Platz im Preis von uvex Sports belegte mit 8,3 der in Holstein gezogene Mister Twister (v. The Braes My Mobility – Quintero) aus der Zucht von Ellen Wieck aus Witzwort und vorgestellt von seiner Besitzerin Lara Wißmann aus Ostercappeln.
Fünfjährige Vielseitigkeitspferde: Dark Gambler nutzt zweite Chance
Mit einem Strahlen kam Antonia von Baath aus Salzhausen dem Gelände und wie sich herausstellte, zu Recht. Die 8,7 bedeutete für ihren Hannoveraner Dark Gambler (v. Diacontinus – Stalypso) nicht nur den Sieg, sondern zusammen mit vier weiteren Paaren auch den Einzug ins Finale. In der Finalqualifikation waren die beiden etwas zu langsam gewesen. „Man fühlt sich sehr schnell mit ihm, weil er so einen schönen großen Galopp hat, aber wir waren drei Sekunden über der Zeit und dadurch wurde die Note ein bisschen gedrückt“, sagte die Reiterin. „Das ändert aber nichts an seiner Leistung. Er ist so schön hier gegangen gestern. Deswegen habe ich heute bessere Wege rausgesucht und bin ein bisschen schneller geritten, was sich zum Glück auch gelohnt hat. Er ist hier durchgelaufen wie ein Achtjähriger“, schwärmte sie. Dark Gambler stammt aus der Zucht von Andreas Middelkampf aus Badbergen und wurde als Fohlen auf der Verdener Auktion von Professor Dr. Volker Steinkraus als Kamerad für ein selbst gezogenes Fohlen erworben. Dreijährig kam er dann zu Antonia von Baath in Beritt. „Ich bin besonders stolz, weil auf ihm noch nie jemand anderes gesessen hat als ich. Nur ich kenne den Blick von oben“, sagte sie.
Neben Dark Gambler konnten sich auch die beiden Hannoveraner Vinetto (v. Viscount – Escudo I) mit der für den Verein Großenwiehe startenden Finnin Lotte Palmgren (8,6) und Balou's Mascot M (v. Balou du Rouet - Cook du Midour AA) mit Pia Münker aus Bonn für das Finale empfehlen. Der mit 8,5 ebenfalls drittplatzierte Callisto R (v. Coolio - Asti's Amsterdam) hatte dagegen sein Ticket bereits in der Tasche. Seine Reiterin Nadine Marzahl nützte lediglich die Chance für eine „Trainingsrunde“. Noch zusätzlich qualifizieren konnten sich dagegen die beiden mit 8,4 ex aequo auf Platz fünf platzierten Pferde Drunken Sailor GS, ein von Nina Schultes vorgestellter Holsteiner von Dinken - Corrado I, sowie der westfälische Halbblüter Aventurin, vorgestellt von Jens Hoffrogge aus Dorsten. Aventurin ist einer von insgesamt nur neun Nachkommen des Vollblüters Asagao xx aus diesem Jahrgang. „Sechs davon konnten sich für die Bundeschampionate qualifizieren, fünf davon sind hier gegangen und drei haben es ins Finale geschafft“, erklärt der Reiter, der gleichzeitig auch der Hengsthalter ist.
Sechsjährige Vielseitigkeitspferde: Sieg fürs Schlusslicht Christine Münkel und Rocka Dacora
Die Chance, noch in die Titelvergabe eingreifen zu können, nutzte auch Christine Münkel aus Langenhagen. Als letzte Starterin erzielte sie mit dem Oldenburger Wallach Rocky Dacora (v. Rock Forever – Contendro I) die Tageshöchstnote von 8,7. „Es ist ein ganz tolles Erlebnis überhaupt bei den Bundeschampionaten reiten zu dürfen. Sich dafür zu qualifizieren ist schon eine enorme Leistung für so ein junges Pferd. Ich bin auf jeden Fall zufrieden. Rocky Dacora ist ein mega gutes Pferd. Gestern lief er auch bis zur letzten Kombination richtig gut und dann haben wir die Distanz nicht ganz gekriegt. Dadurch haben wir es leider verpasst, gleich ins Finale zu kommen. Ich wusste, dass er das kann“, sagte die Reiterin. Viereinhalbjährig kam der Wallach aus der Zucht und im Besitz von Dr. Corinna Kröly zu ihr in den Stall. „Ich habe ihn aufgebaut und bin einige kleine Prüfungen geritten. Letztes Jahr sind wir im Finale des Bundeschampionats Neunte geworden. Über das Jahr ist er aber noch mehr gereift und noch besser geworden. Das Bundeschampionat war auch in diesem Jahr das Ziel. Wir sind zwar – wie alle anderen – erst spät in die Saison gestartet, aber Rocky ist gleich von Anfang an super gelaufen und war auch gleich qualifiziert. Ich möchte uns im Finale gut präsentieren und mit einem guten Gefühl nach Hause fahren. Was dabei am Ende rauskommt, werden wir sehen. Ich bin schon jetzt mächtig stolz auf den Kleinen“, so Münkel.
Mit ihrem Ergebnis verwiesen Münkel und Rocky Dacora Konstantin Harting aus Königswinter und die DSP-Stute Chanel auf Platz zwei. Das Paar hatte den Auftakt gemacht und bis zuletzt mit 8,5 in Führung gelegen. Die Stute ist ein weiterer Nachkomme des Cascadello (MV: Contagio) im diesjährigen Vielseitigkeits-Lot und stammt aus Zucht und Besitz des Gestüts Fohlenhof in Hassloch. Den dritten Platz belegte mit 8,3 ein weiteres Deutsches Sportpferd, DSP Danakli Desert (v. Destano – Grafenstolz) aus der Zucht von Karl-Heinz Bange (Seibersbach) und ist im Besitz von Dr. Matilda Rattenhuber. Insgesamt konnten sich auch hier fünf Pferde zusätzlich fürs Finale qualifizieren.
Vielseitigkeitsponys: Namib W WE nimmt Anlauf auf Titelverteidigung
Im vergangenen Jahr hegte Fritz Lutter, Bundestrainer der Pony-Vielseitigkeitsreiter, einen Wunsch: „Dass die jungen Ponys noch besser ausgebildet sind.“ Zwar machten die jugendlichen Reiter einen wirklich guten Job, aber in Sachen Rittigkeit und altersgemäßer Ausbildung sei noch Luft nach oben. In diesem Jahr wurde sein Wunsch erfüllt, allein schon durch die Tatsache, dass erstmals auch Ü21-Reiter für den Start zugelassen waren. „Wir haben hier eine Qualität an Ponys gehabt, die deutlich besser war als in den Jahren vorher. Das hat unterschiedliche Ursachen. Nicht alle Qualifizierten sind hier, einige haben schon vorher entschieden, nicht zu kommen. Vor allem hat es sich bewährt, dass wir ältere Reiter zugelassen haben. Das war eigentlich der größte Schritt, denn man konnte sehen, dass die Ponys deutlich mehr Routine hatten. Die Reiter haben ihnen mehr Sicherheit gegeben am Sprung und Sprungablauf, so dass sie ihre Qualität besser darstellen konnten. Ich denke, das wird sich langfristig auf den Ponysport auswirken, dass wir besser ausgebildete Ponys in den Sport bekommen“, sagte Lutter, räumte aber auch ein, dass die Beurteilung damit eine größere Herausforderung für die Richter darstellt.
Zu den Profiteuren der Neuregelung zählt Hannah Weinkopf aus Helmstedt: Die 22-Jährige präsentierte den Vorjahressieger Namib W WE v. Nutrix I – Kennedy WE aus der Zucht von Hilde Wassmann aus Badbergen und nahm mit der Note 9,1 und einem Sieg Kurs auf die Titelverteidigung. „Ich finde das sehr gut, da es ja irgendwann nur noch sehr wenige Vielseitigkeitsponys waren und natürlich auch, weil ich sonst nicht mehr hätte reiten dürfen“, sagte sie. Namib W WE ist in ihrer Familie seit er fünfjährig ist, wurde zuvor allerdings nur dressurmäßig ausgebildet und geritten. Jetzt bei den Bundeschampionaten startet der Rappe mit Schwester Maja auch in der Springkonkurrenz. „Er soll aber nur ein Finale gehen – wahrscheinlich in der Vielseitigkeit“, so Hannah Weinkopf.
Auf Platz zwei im Preis des Reitponygestüts Hof Schierensee landete mit der Note 8,5 der in Holstein gezogene sechsjährige Rappe Nightfire (v. Fehkamps Nightley - Aragon N), vorgestellt von Carlotta Müller aus Hitzhusen. Mit 8,3 auf Platz drei landete Piccasso, ein in Holstein gezogener Sohn des Pikachu (MV: Kooihuster Wessel). Im vergangenen Jahr wurde er mit Linn Zepke Achter bei den Bundeschampionaten, in diesem Jahr stellt ihn Emma Hartmann aus Mechernich vor.
Nach den ersten beiden Tagen zieht Dietlind Hampel, Bereichsleiterin Vielseitigkeit bei den Bundeschampionaten ein erstes positives Fazit: „Der Vielseitigkeitsplatz ist genau so schön wie immer. Klar, wir haben weniger Helfer, aber eben auch wenig Zuschauer. Und die, die da sind, sind alle sehr diszipliniert. Wir haben spezielle Besucherinseln ausgewiesen und alle nehmen Rücksicht“, sagte sie.
Davon konnte sich auch Warendorfs Bürgermeister Axel Linke ein Bild machen. Dabei galt sein Dank galt FN-Generalsekretär Soenke Lauterbach und Turnierleiter Markus Scharmann. „Das habt ihr großartig organisiert, vor allem unter den Sicherheitsaspekten während der Coronapandemie“, schrieb er anschließend auf seiner Facebookseite.
Coronabedingt bleibt den meisten Fans allerdings bei diesen „etwas anderen“ Bundeschampionaten nur die Möglichkeit, sich alle Ritte im Livestreaming auf ClipMyHorse.TV anzusehen. Dafür haben sie erstmals auch die Chance, am Spectator Judging teilzunehmen und selbst Noten zu vergeben. Mehr zum Thema „Bundeschampionte digital“ und weitere Informationen gibt es unter www.bundeschampionate.tv. FN/Hb