Interview mit Soenke Lauterbach zum RTL-Beitrag vom 11. Januar 2022
Datum: 13.01.2022 | Julia Basic
FN-aktuell: In dem RTL-Beitrag wird der FN vorgeworfen, nicht klar benennen zu können, ob es sich in den gezeigten Szenen um Barren und damit um eine tierschutzwidrige Methode handelt. Warum fällt eine Definition so schwer?
Soenke Lauterbach: Die Grenzen zwischen dem laut Richtlinien für Reiten und Fahren zulässigen Touchieren und dem gemäß Tierschutz-Leitlinien verbotenen Barren sind fließend. Genau deshalb ist eine differenzierte Betrachtung erforderlich. Wie schon mehrfach geäußert, ist diese nur möglich, wenn uns das gesamte Video- und Beweismaterial zur Verfügung gestellt wird. Allein der Umstand, dass sich die mit Experten bestückte FN-Kommission für Ausbildungsmethoden seit einem Jahr mit der Grenzziehung befasst, zeigt dass eine Spontanbeurteilung der gezeigten Bilder der Sache nicht gerecht wird.
Welche Schritte wird die FN nun einleiten?
Wir werden heute RTL noch einmal auffordern, uns das gesamte Video- und Beweismaterial zur Verfügung zu stellen. Außerdem werden wir die Staatsanwaltschaft über den RTL-Beitrag informieren. Das Touchieren, so wie es jetzt in unseren Richtlinien definiert ist, steht weiterhin auf dem Prüfstand. Wir sind zuversichtlich, dass Empfehlungen der Kommission im Umgang mit dieser Thematik bald vorliegen werden. Gleichzeitig prüfen wir, ob Ordnungsverfahren eingeleitet werden können. Hier sind die Verbände immer auf Mithilfe von Zeugen angewiesen, die Namen, Fotos und Videos zur Verfügung stellen, um Hinweisen nachgehen zu können. Dazu fordern wir alle Beteiligten auf.
Was sagt die FN zu dem Vorwurf, dass im Amateur-Reitsport bei mutmaßlichen Verstößen gegen das Tierwohl nicht hart genug durchgegriffen wird?
Wir setzen mit unserem Ausbildungssystem, den Richtlinien und Regelwerken darauf, den Menschen zu erklären, was richtig ist und was nicht. Das bringen wir ihnen von der ersten Reitstunde über Reitabzeichenlehrgänge, die Trainerausbildung bis zum Kaderlehrgang immer wieder nahe. Dort, wo Grenzen überschritten werden, gehen wir mit all unseren Möglichkeiten dagegen vor und sanktionieren Fehlverhalten. Ebenso übergeben wir tierschutzrelevante Fälle an die Strafverfolgungs- oder Veterinärbehörden, damit die Täter auch auf staatlicher Ebene ihre gerechte Strafe erhalten. Wir haben unsere Regelwerke und Richtlinien in den vergangenen Jahren stetig weiterentwickelt und tun das weiterhin. Leider gibt es immer wieder Menschen, die sich nicht an unsere Regeln halten und damit unseren gesamten Sport in Verruf bringen. Dass es bei rund 3500 Turnieren und mehr als einer Million Starts im Jahr auch Fälle gibt, die nicht geahndet werden, ist kaum zu verhindern. Unser Regelwerk und unser Turniersystem geben alles her, unsere Turnierfachleute sind sehr gut geschult, sie haben alle Werkzeuge in der Hand, um bei Regelverstößen zu reagieren und konsequent dagegen vorzugehen. Das tun sie in der Regel auch. Natürlich muss unser Bestreben sein, in der Umsetzung stetig besser zu werden.
Hier gibt es eine Stellungnahme der FN zum RTL-Beitrag.